Kapitänshäuser & Seefahrtsgeschichte auf dem Darß

18.07.25

Haus mit Reetdach und blauer geschnitzter Darßer Tür und Blumen vor dem Hausshutterstock_Olaf Unger

Blaue Türen, alte Geschichten & neue Wege: Die Welt der Kapitänshäuser auf Fischland-Darß-Zingst

Wer heute durch die Straßen von Wustrow, Born, Ahrenshoop, Wieck oder Prerow spaziert, dem fallen sie sofort ins Auge: die charmanten Kapitänshäuser mit ihren leuchtend bunten Türen, geschnitzten Ornamenten und den mächtigen Reetdächern. Sie erzählen von einer Zeit, in der die Seefahrt das Leben auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst bestimmte. Sie sind bis heute stille Zeugen maritimer Geschichte.

typische Darßer Tür mit Blumen- und Sonnenmotiv
shutterstock_Karen Kaspar
typische Darßer Tür mir Blumenvaseshutterstock_ricok 

Warum die Türen so bunt sind

Die bunten Haustüren der Fischer-und Kapitänshäuser sind mehr als nur hübsch anzusehen. Sie waren Statussymbol, Glücksbringer und Schutzzeichen zugleich. Kapitäne, die weite Reisen unternommen hatten, ließen sich nach ihrer Rückkehr kunstvoll gestaltete Türen anfertigen – meist mit symbolischen Farben und Schnitzereien, die von Windrosen, Ankerzeichen oder christlichen Motiven geprägt waren. Ein Ankersymbol zeigte die Verbundenheit mit der Seefahrt, ein Kreuz sollte Böses abwehren und ein Lebensbaum stand für Lebensenergie. Die Farben hatten häufig ebenso eine Bedeutung: Blau stand etwa für Treue und das Meer, Rot für Schutz vor Unheil. Viele dieser Türen wurden in Handarbeit gefertigt – ein echtes Stück Seele und Stolz der Seefahrerfamilien.
Auch heute noch hat dieses wunderbare Handwerk seine Tradition. Die Kunsttischlerei Roloff in Prerow z.B. fertigt diese schönen Türen für Interessierte an.

geschnitzter Kapitän vor Darßer Türshutterstock

Geschichte der Seefahrt auf Fischland–Darß–Zingst

Von Inseln zur Halbinsel

  • Fischland, Darß und Zingst waren einst getrennte Inseln.
  • Verbindungen wie der Permin und der Darßer Kanal wurden im 14. Jh. aus politischen Gründen zugeschüttet.
  • Nach der Sturmflut 1872 versandete auch der Prerower Strom – die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst entstand.

Dorfschifffahrt – Seefahrt in Gemeinschaft

  • Dörfer wie Wustrow und Prerow organisierten Schiffbau und Seefahrt gemeinschaftlich.
  • Im 19. Jh. lebten bis zu 90 % der Männer vom Meer.
  • Kleine Familienreedereien betrieben Handel bis nach Russland und Portugal.

Seehäfen & Störtebeker-Legenden

  • Frühere Wasserwege dienten auch den Vitalienbrüdern,  den berüchtigten Freibeutern rund um Klaus Störtebeker, als Rückzugsorte.
  • Im Spätmittelalter wurden die Zugänge gezielt zerstört.
  • Die Seefahrt verlagerte sich auf kleinere, lokal betriebene Häfen.

Zingsts Blütezeit der Seefahrt

  • Um 1862 gab es in Zingst über 100 aktive Schiffer und Steuermänner.
  • Die Dorfschifffahrt brachte Wohlstand und Schiffbau in kleinem Maßstab.
  • Reederfamilien und Werften prägten das Ortsbild.

Fischerei & Zeesenboote

  • Zeesenboote wurden für die flache Boddenfischerei genutzt.
  • Auch sie waren Teil der Dorfschifffahrt – gemeinschaftlich betrieben.
  • Heute gelten sie als Kulturerbe und fahren bei Regatten oder touristischen Fahrten mit.

Zeesbootfahrt Hafen Ahrenshoopshutterstock_aldorado

Wustrow – einst das „Oxford der Seefahrer“

Ein besonderer Ort in der Geschichte der Schifffahrt auf dem Darß ist Wustrow. Die kleine Gemeinde beherbergte ab 1846 die berühmte Großherzogliche Navigationsschule, in der angehende Kapitäne ausgebildet wurden. Die Ausbildung war anspruchsvoll: Mathematik, Astronomie, Navigation – und natürlich praktisches Wissen über das Meer. Später wurde sie zur Ingenieurhochschule erweitert und bestand bis 1992. Heute ist das ehemalige Schulgelände ein Ferienwohnkomplex. 
Viele Absolventen trugen später Verantwortung auf Handelsschiffen in aller Welt. Noch heute spürt man in Wustrow den Stolz auf diese Zeit – nicht zuletzt dank der vielen gut erhaltenen Kapitänshäuser, die vom Erfolg und der Bildung der Seefahrer erzählen.
 

Unser Tipp: geführte Erkundungstouren durch ehemalige Seefahrer- und Fischerdörfer

  • Wustrow immer freitags um 10 Uhr am Haus des Gastes in der Ernst-Thälmann-Straße 11 (bis Ende Oktober)
  • Prerow jeden 2. Donnerstag (gerade Kalenderwoche) um 16.30 Uhr am Hafen, Haltestelle Darßbahn
  • Besuch des Museumshof in Zingst

Schifffahrt auf dem Bodden bei Sonnenuntergangpixabay_KRiemer

Und heute? Gibt es noch Kapitäne auf dem Darß?

Ja – die Seefahrertradition lebt, wenn auch anders als früher. Einige Familien pflegen die Erinnerung an ihre Vorfahren, andere sind heute in der Fischerei, im Fährverkehr oder im Tourismus tätig. Manche ehemaligen Hochseesegler und Kapitäne arbeiten heute als Skipper, Lotsen oder Ausbilder. Und natürlich gibt es die beliebten Boddenrundfahrten und Segeltouren, bei denen Urlauber heute mitfahren können – oft mit echten Kapitänsnachfahren an Bord, die spannende Geschichten zu erzählen wissen.

Auch wenn große Segelschiffe heute nicht mehr von hier aus in See stechen, spielt die Schifffahrt noch immer eine Rolle:

  • Fischerei gibt es weiterhin – wenn auch kleiner strukturiert.

Unser Tipp: unbedingt die Fischsoljanka im „Fischkaten“ in Ahrenshoop probieren

  • Fährverbindungen sorgen für den Austausch zwischen den Ostseeinseln.

Unser Tipp: Eine Linien- oder Rundfahrt auf dem Bodden buchen oder mit dem Mississippi-Dampfer auf dem Prerow Strom in den Sonnenuntergang schippern

  • Traditionssegler, z. B. im Hafen von Wieck oder Wustrow, erinnern lebendig an die alten Zeiten.

Unser Tipp: Zeebootfahrt auf dem Bodden mit der „Marie Luise“ oder dem „Bültenkieker“ ab Hafen Wieck

  • Und nicht zuletzt lebt die Geschichte in Kapitänshäusern als Ferienwohnungen weiter – mit liebevoll restauriertem Charme und modern interpretiert.

Unser Tipp: wohnen auf Zeit im Kapitänshaus Wieck oder auf dem Wasser auf dem Wohnschiff „Störtebeker“

Zugang Wohnschiff Störtebeker auf dem Prerow StromDOMUSimages

Fazit: Urlaub mit Meer, Geschichte und Herz

Fischland–Darß–Zingst ist mehr als nur eine schöne Landschaft. Wer hier Urlaub macht, spürt den Geist der Seefahrt an jeder Ecke: in den bunten Kapitänshäusern, den Zeesenbooten auf dem Bodden oder in alten Geschichten, die in Museen und Dörfern weiterleben.

Die Dorfschifffahrt hat diese Region geprägt – mit Mut, Gemeinschaft und einem offenen Blick aufs Meer. Und all das ist bis heute sichtbar: in Türen, die Geschichten erzählen, in Häusern, die von Kapitänsfamilien gebaut wurden, und in Traditionen, die lebendig geblieben sind.

Unser Tipp: Beim nächsten Spaziergang durch Wustrow, Prerow, Wieck oder Zingst einfach mal innehalten – jede Tür, jeder Hafen, jedes Boot hat hier etwas zu erzählen.

 

Ihr WESTSTRANDBOOKING-Team